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AutorenbildTheresa Mörtl

Hoch hinaus in der Off-Season

Im Schein der Stirnlampen wagten wir uns in die morgendliche Kälte des Berninamassivs. Viel gesprochen wurde nicht – denn alle waren in Anbetracht der zu bewältigenden Bergtour in ihren Gedanken versunken. Erst als die Sonne den Horizont langsam rot färbte und sich die uns umgebenden Berggipfel vor dem ersten Tageslicht abzeichneten, breitete sich eine freudige Aufgeregtheit in der Gruppe aus.Bald darauf erreichten wir den Persgletscher, zogen die Steigeisen an und bildeten eine Seilschaft.





Die ersten Meter marschierten wir über ein flaches Gletscherfeld. Ideal um einen gemeinsamen Rhythmus am Seil zu finden, bevor es steil hinauf in Richtung der drei Pfeiler des Piz Palü ging. Links und rechts der Spur taten sich tiefe Gletscherspalten und Seracs auf, sodass jeder Schritt bewusst gesetzt werden musste. Plötzlich ging ein Ruck durchs Seil und ich sah meinen Vordermann zu Boden gehen. Unter ihm war eine Schneebrücke eingebrochen und hatte ihm wortwörtlich den Boden unter den Füssen weggerissen. Glücklicherweise war darunter nur eine kleine Gletscherspalte, was sowohl dem Bergführer vor als auch mir hinter dem Gestürzten ermöglichte, sofort unsere Steigeisen ins Eis zu stemmen und das Seil zu spannen. Abgesehen von unserem Bergführer war es für uns alle die erste Erfahrung mit einer einstürzenden Schneebrücke und hatte uns deutlich vor Augen geführt, weshalb wir am Tag davor Sicherungs- und Seiltechniken gelernt hatten.





Wir sind mit einem Schrecken davongekommen und konnten den Aufstieg fortsetzen. Schritt für Schritt kämpften wir uns in engen Serpentinen den Gletscher hinauf, während die Luft immer dünner wurde. Kurz vor dem finalen Gipfelaufschwung teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Bisher waren wir als Fünferseilschaft unterwegs, was für die steilen Eisflanken und den schmalen Grat zum Gipfel zu gefährlich gewesen wäre. Deshalb nahm der Bergführer jeweils zwei von uns ans kurze Seil und während die eine Gruppe den Gipfel erklimmte, wartete die andere auf einem sicheren Plateau auf deren Rückkehr. Im Anschluss stieg die zweite Gruppe über die letzten Höhenmeter zum Gipfel des Piz Palü auf fast 4000 Metern auf.




Beflügelt vom Gipfelerlebnis bewältigten wir, nun wieder gemeinsam, den langen Abstieg zurück zur Diavolezza. Nach 9 Stunden, in denen wir vor Kälte gebibbert und in der Höhenluft gekeucht hatten, sassen wir dann dennoch voller Glücksgefühle zusammen auf der Terrasse des Berghauses und in den Köpfen begannen bereits Pläne für nächste Abenteuer zu entstehen.




Text: Mélanie Elsenhans Fotos: privat

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